Der Vertrag nach dem bulgarischen Recht

Der Vertrag ist eine der Voraussetzungen für Entstehung von Schuldrechtsverhältnissen in Bulgarien.

Abschluss und Wirkung

Der Vertrag ist ein zweiseitiges Rechtsgeschäft, der aus zwei Willenserklärungen (Angebot und Annahme), die inhaltlich übereinstimmen und mit Bezug aufeinander abgegeben sind, besteht. Die allgemeine Regelung des Vertrages im bulgarischen Schuldrecht ist im Gesetz über Schuldverhätnisse und Verträge (GSV) enthalten. Gemäß Art. 8 des GSV ist der Vertrag eine Vereinbarung zwischen zwei oder mehreren Personen, um ein Rechtsverhältnis zwischen ihnen zu begründen, zu regeln oder aufzulösen. Dadurch entstehen bestimmte Rechte und Pflichten für die Vertragsparteien. Die Personen machen damit von ihren Rechten Gebrauch, um ihre Interessen zu verfolgen. Sie sind nicht berechtigt, diese Rechte im Widerspruch der Interessen der Gemeinheit auszuüben. Art.9 des GSV gewährt den Vertragsparteien die Möglichkeit den Vertragsinhalt frei zu bestimmen, insofern es in keiner Gesetz- und Sittenwidrigkeit steht. Gemäß Art. 12 GSV sind die Parteien bei Verhandlungsführung und Vertragsabschluss verpflichtet, nach Treu und Glauben zu handeln. Andernfalls schulden sie einen Schadensersatz.

Vertragsabschluss

Der Vertrag ist die Übereinstimmung der Parteien über das Eintreten bestimmter Rechtsfolgen. Damit ein Vertrag zustande kommt sind zwei gegenseitig übereinstimmende Willenserklärungen erforderlich. Diese werden als Angebot und Annahme bezeichnet. Das Angebot ist eine Willenserklärung, deren Inhalt hinreichend bestimmt ist und auf der das Eintreten bestimmter Rechtsfolgen gerichtet ist. Die Annahme ist eine Willenserklärung, bei der sich die Gegenpartei mit dem Inhalt und den gezielten Rechtfolgen des Angebotes als einverstanden erklärt. Das Angebot ist hinreichend bestimmt, wenn man darauf mit einem bloßen „Ja“ anworten kann. Es soll Information über alle wichtigen Elemente des zukünftigen Vertrages enthalten. Auf Angaben, mit denen etwas anderes als die dispositiven Rechtsnormen vorgeschrieben werden, muss ausdrücklich hingewiesen werden. Das Gesetz über die Schuldverhältnisse und die Verträge setzt keine Angebotsform voraus – demnach ist das Angebot eine informelle Willenserklärung. Das Angebot kann durch alle schriftlichen Mittel sowie mündlich überbracht werden. Das elektronische Angebot weist Besonderheiten auf. Es gilt als ein schriftliches Angebot, dessen Rechtswirkung dann entfällt, wenn die Gegenpartei die gesetzliche Obliegenheit trägt, elektonische Willenserklärungen zu erhalten oder wenn sich die Gegenpartei unzweideutig mit dem Erhalten von solchen Willenserklärungen einverstanden erklärt hat. In diesem Fall ist die Annahme-Erklärung für diese Partei verbindlich. Bei einem elektronischen Angebot gilt der Titular und nicht der Autor der elektronischen Willenserklärung als Anbieter. Der Autor ist die natürliche Person, die in der Willenserklärung als sein Ersteller bezeichnet wird. Er kann im Namen des Titulars einen Willen erklären (eine jüristische Person kann der Autor nicht sein, weil sie keinen eigenen Willen besitzt ). Der Titular ist derjenige, für den durch die Willenserklärung Rechte und Pflichten entstehen. Der Autor und der Titular einer elektronischen Willenserklärung können übereinstimmen.

Bindungskraft des Angebotes
Der Anbietende ist an sein Angebot bis Ablauf der Angebotsfrist gebunden, die darin bestimmt oder den Umständen entsprechend üblich ist, damit die Annahmeerklärung abgegeben  werden kann. Wird das Angebot zurückgezogen und die Mitteilung für den Rückzug vor oder spätestens gleichzeitig mit dem Angebot zugestellt, so ist es unwirksam. Bei fehlender Bestätigungsfrist ist das Angebot hinfällig, falls es vom Anwesenden nicht sofort angenommen wird und bei Nichtanwesenden – nach Ablauf einer Frist, die den Umständen entsprechend für die Zustellung der Bestätigung üblich ist. Die Annahme ist wirkungslos, wenn die Absage beim Anbieter vor oder spätestens gleichzeitig zugestellt wird. Wird aus der später zugestellten Bestätigung des Angebotes sichtbar, dass sie rechtzeitig abgeschickt worden ist, so gilt der Vertrag als abgeschlossen, es sei denn der Anbieter setzt die andere Partei sofort in Kenntnis, dass er die Bestätigung für verspätet hält.

Abschluss
Gemäß Art. 14 GSV gilt der Vertrag als abgeschlossen, sobald die Bestätigung vom Anbieter empfangen wurde. Tritt nach Zustellung der Bestätigung der Tod einer der Parteien oder ein Zustand ein, der ein Grund zu ihrer Entmündigung darstellt, so gilt der Vertrag als abgeschlossen. Der Vertrag gilt als an dem Ort abgeschlossen, an welchem das Angebot unterbreitet wurde. Enthält das Angebot allgemeine Bedingungen, ist die Bestätigung erst dann wirksam, wenn die allgemeinen Bedingungen schriftlich bestätigt worden sind. Bei Unstimmigkeiten zwischen eingetragenen Vereinbarungen und den Bestimmungen der allgemeinen Geschäftsbedingungen sind die ersten wirksam, obwohl die zweiten nicht gelöscht wurden.

Art.17 GSV regelt Scheingeschäfte, also wenn die Parteien eine Scheinvereinbarung zwecks Verdeckung der tatsächlichen Abmachung geschlossen haben. Werden die Bestimmungen bezüglich des verdeckten Rechtsgeschäftes angewandt, sollten die Anforderungen für seinen Bestand vorhanden sein. Die durch Dritte gutgläubig vom Erwerber erworbenen Rechte der Scheinvereinbarung bleiben bestehen, es sei denn, es handelt sich um Rechte auf Grundstücke, die nach Eintragung der Klage auf Feststellung der Scheinbarkeit erworben wurden.

Bestimmte Form einzelner Veträge
Die Verträge über Eigentumsübertragung oder Begründung anderer Sachenrechte auf Liegenschaften haben nur mit Notariatsakt zu erfolgen.

Der Vorvertrag

Der Vorvertrag über den Abschluss eines bestimmten endgültigen Vertrages, der in notarieller Form oder notariellbeglaubigter Form zu zeichnen ist, ist schriftlich abzuschließen. Der Vorvertrag hat Vereinbarungen über die wesentlichen Bestimmungen des endgültigen Vertrages zu enthalten. Jede der Parteien des Vorvertrages kann den Abschluss des endgültigen Vertrages einklagen. In diesem Fall gilt der Vertrag am Tag des Inkrafttretens des Urteils als abgeschlossen.

Bei der Auslegung der Verträge ist der gemeinsame Vertragswille maßgeblich. Die einzelnen Vereinbarungen sind im Gesamtzusammenhang und jede im Sinne des gesamten Vertragszwecks, der gewöhnlichen Geschäftspraxis, Treu und Glauben auszulegen.

Wirkung der Verträge

Laut Art. 20a GSV haben Verträge die Wirkung eines Gesetzes für diejenigen, die sie abgeschlossen haben. Die Verträge können nur im gegenseitigen Einvernehmen zwischen den Parteien oder laut gesetzlichen Bestimmungen geändert, gekündigt, aufgelöst oder aufgehoben werden. Der Vertrag erwirkt Handlungen zwischen den Parteien und für Dritte – nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen. Verhindern Dritte sittenwidrig die Ausführung des Vertrages, so schulden sie einen Schadensersatz.  Der Vertrag kann zugunsten eines Dritten bedungen werden. Die Abrede zugunsten des Dritten kann nicht aufgehoben werden, nachdem er gegenüber dem Versprechenden oder dem Versprechensempfänger erklärt hat, die Leistung zu fordern. Der Versprechensempfänger kann sich das Recht vorbehalten, diese Abrede aufzuheben oder den Dritten zu ersetzen. Der Versprecher einer Verpflichtung oder Handlung eines Dritten ist verpflichtet die andere Partei zu entschädigen, wenn der Dritte seinen Pflichten nicht nachkommt oder die Leistungen nicht vornimmt.

Gemäß Art. 24 GSV tritt bei Verträgen zur Übertragung von Grundstücken und Begründung oder Übertragung von einem anderen dinglichen Recht auf einen bestimmten (individuell charakteriseirten) Gegenstand die Übertragung oder Begründung mit dem Vertragabschluss in Kraft, ohne dafür den Gegenstand übergeben zu müssen. Bei Verträgen zur Eigentumsübertragung an gattungsmäßig bestimmten Sachen geht das Eigentum über, wenn die Sachen durch Vereinbarung der Parteien bestimmt werden und mangels solcher Vereinbarungen - bei Übergabe.

Die Wirkung oder Kündigung des Vertrags kann von einem künftigen, ungewissen Ereignis abhängig gemacht werden. Der Eintritt der Bedingung wird angenommen, wenn die vom Ausfall begünstigte Partei den Eintritt absichtlich verhindert hat. Der Eintritt der Bedingung hat eine Rückwirkung.